am Seeufer

Melody hatte seine Narben gesehen. Die vernarbten Kratzer. Was sollte sie davon halten? Sie wusste es selbst nicht. Aber eins wusste sie. Sie hatte keine Angst, auch wenn sie die haben sollte. Still folgte sie ihm. Eine ungewohnte Stille. Denn Melody war nie still. Sie war laut und lachte viel. Aber jetzt ... war sie still. Sie dachte nach. "Remus? Darf ich dich etwas fragen?" Langsam blickte sie auf, unverwandt in seine Augen. In ihren Augen spiegelte sich Besorgnis wider. Reine Besorgnis.

Seufzend lies er sich vor dem Baum fallen, den er heute Mittag so eingehend begutachtet hatte. Er lehnte den Rücken an diesen, wickelte die Beine an und legte seine Unterarme auf die Knie. Den Kopf in den Nacken gelehnt, mit geschlossenen Augen, lauschte er ihre Frage.
Ihre Stimme war nicht verängstigt. Eher besorgt. Wahrscheinlich dachte sie an alles nur nicht an einen Werwolf.
Hoffentlich...
"Du kannst Fragen was du möchtest Melody, aber erwarte nicht, das ich auf jede Frage antworte."
Seine Stimme war ernst. Seine Augen noch immer Geschlossen. Wartend auf die Frage, die er so sehr fürchtetet.

Melody setzte sich zu ihm. Wie stellte sie am besten diese eine Frage? Wie machte sie es, dass es nicht so schroff und unhöflich klang? Nicht so direkt? Ihre Stimme war ganz leise und vorsichtig, als würde sie mit einem verängstigten Kind sprechen. "Woher stammen all die Narben, die wie Kratzer aussehen?" Besorgt schaute sie ihn an. Es war dunkel und sie sah die Narben nicht und doch waren sie vorhanden. Sie wollte ihm so gerne helfen. "Wolltest du deswegen nicht mit mir schwimmen gehen?" fragte sie ihn und schaute ihn an. Auch sie zog ihre Beine an ihren noch leicht feuchten Körper. Ein leichter, kühler Wind kam auf. Ihre Nackenhaare stellten sich auf. Es war kalt.

Leise seufzte er.
Wie bloß sollte er die Frage beantworten, ohne zu viel von seinem Geheimnis preis zugeben?
Wenn er doch nur wüsste wie viel sie wusste, was sie vermutete.
"Was denkst du denn?", fragte er leise.
Seine Stimme, die immer ruhig war, auch wenn in seinem Inneren Unruhe tobte, zitterte leicht. Immer wieder kreiste die Frage im seinen Kopf
Wie viel weiß sie?
Irgendwo am Rande seines Bewusstseins machte sich neben der Angst die er verspürte Wut breit. Nicht wegen ihr, nein wegen ihm. Weil er so ein verdammter Idiot war und nicht aufgepasst hatte. Nachlässig war er gewesen. Er sollte es doch besser wissen und sein Geheimnis, das er sonst hütete wie einen kostbaren Schatz, der doch so verhasst war.

Was sie dachte? Dass ihm etwas schreckliches widerfahren sein musste. "Ich weiß auch nicht." gab sie schließlich zu und schaute bedrückt zu Boden. Die Kratzer stammten sicherlich nicht von Menschenhand. Es musste ein Tier gewesen sein. Ein großes Tier. "Vielleicht wurdest du angegriffen." meinte sie leise. Ihre dunklen Augen richteten sich gen Boden. Die Stimmung war drückend, fast unaushaltbar. "Und ich glaube, du leidest deswegen." sagte Melody unverblühmt. So sah sie das.

Fast schon erleichtert seufzte er auf. Sie wusste nicht das er ein Werwolf war.
"Als ich 7 war wurde ich von einem Tier angegriffen.", sagte er sachlich.
Überraschenderweise kam dies der Wahrheit nahe, aber nicht so nahe, das er sie verraten hätte. Nun blieb nur noch zu hoffen, das sie nicht gemerkt hatte, das manche Narben noch gar nicht so alt waren.
Ja, er litt drunter, so sehr, das es manchmal kaum aus zuhalten war, aber das brauchte er ihr nicht zu sagen. Es würde sie nur noch näher an die Wahrheit führen und das konnte er wirklich nicht gebrauchen. Er mochte sie und wollte nicht, das ihre gerade aufblühende Freundschaft so schnell wieder endete, wie sie es tun würde, wenn sie heraus fand was er war.

Von einem Tier angegriffen... Ja, das kam dem mit den Kratzern sehr nahe. "Und von was für einem Tier?" Es musste ein großes sein. Denn die Kratzer waren nicht unbedingt klein. Keine Katzenkratzer. Eher von einer großen Klaue. "Das ... tut mir Leid." sagte sie ehrlich bedrückt. "Gibt es denn keinen Trank, wo die Narben vielleicht weniger sichtbar werden, sodass du dich mehr wohl fühlst?" fragte sie ihn leise. Sie musterte sein Gesicht, welches geprägt von vier KRatzern war, die seine Augen aussparten. "Und wie sind die zustande gekommen?" wollte sie wissen, streckte ihre Hand aus und berührte vorsichtig sein Gesicht. Doch schnell zog sie ihre HAnd wieder zurück. Sie hatte gestern schon gemerkt, dass er Berührungen nicht sehr gerne hatte.

Er schwieg, dachte über ihre Fragen nach und wählte seine Antworten mit bedacht.
"Ein großes Tier", sagte er leise. Dies war wirklich eine nichts sagend Antwort, das wusste er und wahrscheinlich konnte sie sich denken, das die Narben nicht von einem kleinen Tier kamen, dafür waren sie zu groß, zu dick und zu tief.
"Es braucht die nicht Leid tun, du kannst schließlich nichts dafür und nein... einen Trank gibt es nicht, da es Wunden von einem magischen Geschöpf waren."
Vielleicht sollte er behaupten sie seien von einem Hippogreif. Wäre das Glaubhaft?
Als sie sein Gesicht berührte, so unendlich sanft, als könne sie ihm weh tun, zuckte er nicht zurück, so wie er es sonst vielleicht getan hätte, lies es einfach geschehen, aber ihre Frage beantwortete er ihr nicht

"Na, DAS ist mal ein unerwarteter Anblick."

Mit einem Grinsen, so breit, dass es eigentlich gar nicht mehr auf sein Gesicht passen dürfte, stand Sirius ein Stückchen hinter ihnen, die Arme verschränkt. Remus und ein Mädchen! Und dazu halb nackt! Na, wenn der Anblick dieser narbigen Beinchen kein Grund zum Jubeln war...
Doch wo es bei anderen ein reine Freude gewesen wäre, war es bei Remus auch immer ein Risiko, und seiner Stimme konnte Sirius entnehmen, dass ihm das bewusst war - und dass er nicht wusste, wie er die Hufflepuff davon abhalten konnte, sich näher mit seinen Narben zu beschäftigen.
Melody Skyheart - Sirius kannte sie, er kannte fast jeden Schüler dieser Schule. Ein ungewöhnliches Mädchen, wie alle Hufflepuffs nicht allzu helle, aber eine gute Kameradin - und ein Metamorphmagus. Von allen Personen, die von Remus' Wolfsdasein erfahren konnten, war sie ein kleines Übel. Aber trotzdem konnte Sirius es nicht zulassen.

Immer noch grinsend überwand er die letzten Meter, bis er direkt hinter den beiden stand. Seine Augen musterten Melody voller Neugier und beschränkten sich dabei nicht nur auf das Gesicht, doch es lag auch ein wenig Argwohn in seinem Ausdruck.

"Es erklärt deine... Abwesenheit der letzten Tage. Sowohl die körperliche als auch die geistige.
Melody Skyheart, Melodie des Himmelsherz. Als Herzensdiebin warst du mir bis jetzt nicht bekannt. Allerdings hab ich dich vorher auch noch nie in Badeklamotten gesehn. Beides eine Überraschung für sich, hm?"

Ein großes, magisches Tier? Ihr Kopf fing an zu arbeiten. Um was für ein großes, magisches Tier konnte es sich handeln? Ein Hippogreif vielleicht? Aber was hatte Remus mit Hippogreifen zu tun? Wenn es sich denn hierbei um einen Hippogreif handelte. Nachher würde sie mal in die Bibliothek gehen. Dort würde sie zu suchen anfangen und ganz gewiss konnte sie dabei keiner aufhalten. Hatte sie sich erstmal was in den Kopf gesetzt, so würde sie es gnadenlos beenden.
Erschrocken wich sie zurück, als sie eine tiefe, männliche Stimme vernahm. Sirius Black. Einer von Remus' Freunden. Jetzt fehlten nur noch James Potter und Peter Pettigrew.
Neugierig hörte sie ihm zu. Melodie des Himmelsherz. So hieß ihr gesamter Name übersetzt, ließ man den Zweitnamen aus. "Herzensdiebin? Na, das ist mir aber neu. Und seit wann so poetisch, Black?" sagte sie lächelnd und drehte ihren Oberkörper leicht, um Sirius in die Augen schauen zu können. "Natürlich hast du mich noch nie in Badeklamotten gesehen. Das liegt daran, dass du mir einfach nicht genügend Aufmerksamkeit schenkst." Ein Grinsen huschte über ihre Lippen.

Als er Sirius Stimme vernahm, öffnete er die Augen und schaute in die Richtung aus der die Stimme kam. Erleichterung machte sich in Remus breit. Damit war die Fragerei hoffentlich beendet.
Dankbar blickte Remus seinen Freund an. Aber die Dankbarkeit in seinem Blick schlug schnell in Empörung um, als Sirius weiter redete.
"Herzendiebin?", fragte er mit hochgezogenen Augenbrauen.
Erst jetzt fiel ihm auf, wie irreführend ihr Anblick wohl seinen mochte. Remus und Melody halbnackt, nass und das mitten in der Nacht.
Kurz dachte er drüber nach was Sirius wohl mit geistiger Abwesenheit gemeint hatte. Ja er war in Gedanken wo anders gewesen, allerdings bei einem anderen Hufflepuff. Einen der im Krankenflügel lag und dem es so weit er wusste ein wenig besser ging. Zu mindestens würde er überleben
"Eh nein Sirius... Du irrst dich..."
oder?

Melody lies sich nicht von seinen Kommentaren aus dem Konzept bringen. Sie war wohl ganz anders als Isabella, der hätte das Blut bis zum Scheitel gestanden, und - Ärgerlich vertrieb Sirius den Gedanken. Er musste doch nicht jede mit ihr vergleichen, nur weil sie... Schluss!

"Und ich sehe ein, dass das ein unverzeihlicher Fehler gewesen ist, Schätzchen. Von nun an werd ich dich mit meinen Blicken verschlingen, verlass dich drauf."

Als ob... Sie sah zwar nicht schlecht aus, das war als Metamorphmagus praktisch ein Ding der Unmöglichkeit, und doch würde er das nicht machen, weil -

Bevor es zu einem inneren Geständnis kommen konnte, fing Remus halbherzig an, seine quasi-Beziehung zu Melody abzustreiten. Gut, die beiden waren vermutlich wirklich nur Bekannte, doch nachts gemeinsam badenzugehen - da wusste doch jeder Depp, wohin das führen würde.

"Vergiss es, Moony, so leicht kommst du da nicht raus. Zumindest insgesamt gesehen, denn für heute muss ich ihn dir leider entführend, Melody. Unaufschiebbares Zeug, speziell nur für Rumtreiber, also komm schon."

Melody kam nicht ohnehin als zu grinsen. Solche Konversationen liebte sie. Sirius war der perfekte Gesprächspartner für sowas. In ihren Augen funkelte der Schalk. "Na, das hoffe ich doch. Ich bin schon ganz gespannt." meinte sie frech grinsend.
Melody seufzte tief. Nicht schon wieder. Entweder flüchtete Remus oder sowas wie jetzt passierte. Konnte man nicht einmal ganz normal ohne Eile sich voneinander verabschieden? War das denn ein Ding der Unmöglichkeit? Wahrscheinlich schon.
"Och, warum denn? Hast du nicht auch vielleicht Lust, mit uns eine Runde baden zu gehen?" Sie zwinkerte ihm zu. Sie hatte doch erst knapp eine halbe Stunde mit Remus verbracht und nun nahm Sirius ihn ihr schon wieder weg. Nicht, dass sie besitzergreifend oder so war. Nein, das eigentlich nicht. Aber trotzdem ... Sie wollte auch mal genügend Zeit mit ihm verbringen.

Seufzend erhob sich Remus. Einerseits war er froh von der ganzen Fragerei wegzukommen, andererseits schwante ihm böses. Er griff nach seinen Umhang, zog diesen über und nahm seine Schuhe in die Hand. Er hatte keine große Lust sie anzuziehen und Barfuß war bei den Temperaturen noch drinnen.
"Wir sehen uns...", murmelte Remus Melody zu und sah dann Sirius, der scheinbar seinen Spaß hatte an.
Er konnte sich denken, was diese Unaufschiebbaren dinge waren und bereite sich innerlich auf die Standpauge, die sicherlich folgen würde vor. Erneut seufzte er. Er wusste selbst, das es falsch war, das es zu risikoreich war und er würde sich - wie er widerwillig beschloss - in Zukunft von dem Mädchen fernhalten. Für alle beteiligten war es zu gefährlich.

"Süße, ich bin untröstlich, aber es geht nicht. Ein andermal."

Mit einem Zwinkern stand Sirius auf und zog Remus vielleicht ein bisschen unsanft von ihr weg. Nach ein paar Schritten besann er sich und lockerte seinen Griff, doch er schwieg, bis sie im Schloss waren. Lediglich ein Kopfschütteln und ein sorgenvoller Blick füllte die angespannte Stille.

---> Jungenschlafsaal

Unwillig lief - ok er wurde mehr gezogen als das er lief - Sirius hinterher. Missmutig vor sich hin starrend lief er neben seinem Freund her.
Na, das konnte ja lustig werden

>>> Jungenschlafsaal

Das war ja klar. Natürlich ... Sie hatte eigentlich nichts anderes erwartet. Etwas enttäuscht schaute sie den beiden nach. "Wir sehen uns." murmelte sie leise. Auch wenn sie wusste, dass die beiden es nicht mehr gehört hatten. Melody trocknete sich mit einem Zauber und zog ihre Schuluniform über. Sogleich war ihr nicht mehr kalt. Mit langsamen Schritten ging sie zum schloss hoch und dachte über das Erlebnis nach.

tbc: Schloss